Christian Neuber
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Seit ich als junger Mensch zunächst Mitglied und später Leiter verschiedener Jugendgruppen innerhalb einer Münchner Kirchengemeinde gewesen bin, ist der Umgang mit jungen Menschen Bestandteil meines beruflichen und privaten Lebensweges. Und so verschieden die Hintergründe, Persönlichkeiten und ethnisch-religiösen Zugehörigkeiten eines jeden Menschen sind, so gleichen sie sich doch in den Grundbedürfnissen: im Verlangen nach Empathie, Fürsorge und Begleitung. Ob nun für einen längeren Lebensabschnitt wie in einer Erziehungsstelle oder für kurze Zeit in einer Beratung zu Job und Zukunft. 2018 wurde ich nebenberuflicher Mitarbeiter bei „Welcome Jugendhilfe“ und kann durch meine Haupttätigkeit als Arbeitsvermittler viele Impulse geben – vor allem hinsichtlich der persönlich-gesellschaftlichen Integration in Schule und Arbeitsmarkt. Die familiäre Einbindung stellt für mich dabei die beste Möglichkeit dar, die Jugendlichen in ihrem prägenden Alter zu begleiten.
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Was die ideale Betreuungsweise ist, ist zugleich die größte Herausforderung für mich: die familiäre Einbindung der Jugendlichen in der Erziehungsstelle. Täglich müssen wir die Balance zwischen professionellem und freundschaftlichem Umgang einerseits, Fordern und Grenzen setzen andererseits finden. Das kann sehr anstrengend sein. Wir teilen diese Herausforderung mit dem Alltag von biologischen Eltern.
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Meine größte Freude bei der Arbeit ist, die Entwicklung der Jugendlichen mitzuerleben. Wenn ich dann unverhofft aus Dankbarkeit umarmt werde, geht mir das Herz auf. Oft werde ich von unseren schwulen Jungs „Papa“ genannt, weil sie entweder ihren Vater verloren haben oder von ihm wegen ihrer sexuellen Orientierung verstoßen wurden. Da merke ich dann: „we are family“.
Gleichzeitig ist so ein Moment die Bestätigung, dass der bisher gemeinsam beschrittene Weg der richtige war. Am Anfang treffen wir als Fremde aufeinander. Dann entwickelt sich zunehmend gegenseitiges Vertrauen, die Jugendlichen beginnen, sich zu öffnen. Sie schöpfen Mut und Zutrauen in ihr neues – queeres - Leben hier in Deutschland. Diesen Prozess miterleben zu dürfen, macht mich jedes Mal sehr stolz und glücklich.